Storytelling mit Methode: So leicht schreibst Du mitreißende Texte
„Willst Du Taxi-Fahrerin werden?“
Die Frage hörte ich während meines Studiums der Literaturwissenschaften oft. Meistens von Leuten, die sich selbst durch ein „ordentliches“ Studium quälten.
Einerseits hatten sie recht. Am Ende des Studiums konnte ich weder Leben retten noch Maschinen bauen oder jemanden vor dem Knast bewahren.
Andererseits: Ich kann Storytelling. In seinen komplexesten Formen. (Es hieß damals nur noch nicht so.)
Außerdem kann ich Dich anstiften, Dich vom Storytelling-Wahn zu befreien. Und selbst Geschichte zu schreiben.
Was ist Storytelling? Eine einfache Erklärung
Storytelling ist keine PR-Strategie raffinierter Werber.
Storytelling ist ein neudeutscher Begriff für eine Methode, die wir alle beherrschen. Denn wir tun „es“ jeden Tag: Geschichten erzählen.
Jetzt weißt Du Bescheid. Aber wie lange merkst Du Dir diese Information?
Größere Chancen, mit „Storytelling“ in Deiner Erinnerung zu bleiben, habe ich hiermit:
Es war einmal, bis vor nicht allzu langer Zeit, ein Phänomen: Menschen erzählten sich ständig Geschichten. Das lag in ihrer Natur. Die Geschichten sprudelten ganz selbstverständlich jeden Tag aus ihnen heraus.
Wenn niemand zuhörte, erzählten sie sich die Geschichten sogar selbst. Zum Beispiel so:
Das Kilo Eis, das ich gestern in zwei Sekunden verschlungen habe, enthält nicht so viele Kalorien. Im Grunde ist es sogar gesund, war ja immerhin mit Erdbeeren und sogar vegan.
Warum erzählen wir? 4 Ziele der Methode Storytelling
Manche Geschichten waren besser als andere. Bei den guten konnten sich die Menschen die Ereignisse bildhaft vorstellen. Sie fühlten sich unterhalten. Sie lernten dazu: manchmal kleine Dinge, manchmal was fürs Leben. Sie erkannten Zusammenhänge, wo sie vorher nur einzelne Elemente wahrgenommen hatten.
Die Menschen begannen, den geschickten Erzähler*innen zu vertrauen. Sie fieberten mit den Held*innen mit und vergaßen sogar zu atmen. Oft wagten sie später Dinge, die sie zuvor vermieden hatten.
Um Dir zu zeigen, was Storytelling kann, habe ich „die Menschen“ zu Hauptpersonen einer kleinen Geschichte gemacht.
Eine andere, etwas trockenere Möglichkeit, ist die folgende Aufzählung „So wirkt Storytelling“:
- Das Kino im Kopf: Leser*innen stellen sich Deine Informationen bildhaft vor und erkennen Zusammenhänge. Dadurch merken sie sich Deine Inhalte besser.
- Der rote Faden: Leser*innen fühlen sich unterhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Deinen Text zu Ende lesen, steigt.
- Die Beziehung: Durch die Auswahl der Geschichte und den Stil der Erzählung vermittelst Du Deine Werte. Das baut Vertrauen zwischen Dir als Autor*in und den Lesenden auf.
- Die Wirkung: Geschichten vermitteln Emotionen und erreichen damit auch das Herz der Leser*innen. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie handeln, statt nur zu konsumieren.
Mythos Storytelling: Vermeide diese Falle
Eines Tages kam ein dubioser Herr in geschniegelten Schuhen vorbei und nahm den Menschen das selbstverständliche Geschichtenerzählen weg. Er sagte mit amerikanischem Akzent:
„Das Geschichtenerzählen gehört jetzt mir. Und wenn Ihr es weiter nutzen wollt, müsst Ihr es bei seinem neuen Namen nennen. Es heißt von nun an ‚Storytelling®‘.“
Fortan waren die Menschen verunsichert. Sie überlegten lange, ob sie überhaupt etwas erzählen sollten. Schließlich wussten sie nicht, ob sie all die komplizierten Regeln des Storytelling® beherrschten. Oft hinterfragten sie alles so sehr, dass sie gar nichts mehr erzählten.
Eines Tages aber lasen sie diesen Text. Und sie erinnerten sich wieder an die Regeln, die es seit Jahrtausenden gegeben hatte.
Schreib spannend: So baust Du Storytelling in Deine Texte ein
„Storytelling“ kannst Du überall einbauen (bitte dosiert).
Deine Geschichten müssen auch nicht lang oder komplex sein. Auch Beispiele, die Du zwischendurch einbringst, gehören zum Storytelling. Das ist eine Mini-Story:
Ich hab täglich eine Kanne Kaffee für mich aufgebrüht. Seitdem ich Matcha trinke, sind meine Magenprobleme weg.
Du kannst natürlich auch größer denken:
- Die Geschichte zieht sich durch Deinen Blogartikel. Beispiel: Wie Du in 6 Schritten einen einzigartigen Text schreibst (+ Infografik)
- Deine Geschichte zieht die Lesenden am Anfang des Textes hinein und entlässt sie wieder am Ende. Beispiel: Angst? Warum Du Deine Texte trotzdem veröffentlichen solltest
- Die Story zieht sich durch Dein eigenes Buch.
Die Möglichkeiten, besser zu erzählen, sind so endlos wie Deine Fantasie.
Wichtig ist dabei immer: 99 Prozent aller lebendigen Geschichten folgen vier Regeln. Und genau die stelle ich Dir jetzt vor.
Erzählen mit Methode: 4 Regeln (+ Tipp) für Storytelling im Business
Regel #1: Deine Geschichte passt zu Dir
Tatsächlich ist schon alles gesagt worden. Und auch, wenn die Realität ist, wie sie ist: Jeder Mensch erzählt sie auf eigene Weise. (Manche erzählen sogar von einer alternativen Realität, aber das ist eine andere Geschichte.)
Auch Du darfst und sollst Deine Geschichten erzählen!
Beachte dabei: Wenn Dir die Leute glauben sollen, musst Du glaubwürdig sein. Wenn Du also Nähkurse gibst, erzähl den Menschen nichts vom Pferd. Es sei denn, Du schreibst über Pferdmotive auf Stoffen.
Tipp: Mit eigenen Geschichten vermittelst Du Inhalte auf Deine Art. Erzähle, was Du weißt. Erzähle – nach bestem Wissen und Gewissen – Deine Wahrheit, um anderen Menschen weiterzuhelfen.
Regel #2: Deine Geschichte enthält eine Botschaft
Einmal erzählte jemand von einer Giraffe, die in Knieschonern Blumen goss. Dann war er fertig. Die Leute lachten kurz und gingen weiter.
Die besten Geschichten erklären ein universelles Phänomen anhand einer konkreten Situation. Deine Leser*innen fragen sich (unbewusst) immer: Warum erzählt sie mir das?
Eine merkwürdige Giraffe weckt Aufmerksamkeit. Aber sie verpufft schnell (die Aufmerksamkeit, nicht die Giraffe), wenn die Merkwürdigkeit nichts bedeutet.
Tipp: Deine Story funktioniert, wenn die Lesenden aus ihr lernen können. Frag Dich: Was ist die Moral Deiner Geschichte?
Regel #3: Deine Geschichte ist konkret und weckt Emotionen
Zwei berühmte Brüder erzählten vor langer Zeit:
„Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab. Da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: Hätt‘ ich ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen!“
Menschen wollen sich was vorstellen – zum Beispiel, wie die Hauptperson Schneewittchen aussieht.
Schreib also nicht: „Meine Dienstleistung ist nützlich.“ Schreib lieber, was „nützlich“ konkret bedeutet. Lerne ich durch Dein Ernährungscoaching, wie ich mich so munter esse, um leichtfüßig durch den Park zu springen – anstatt auf Bildschirme zu starren?
Tipp: Vermeide abstrakte oder vage Wörter, sondern erzähl, was genau passiert. Schenk Deinen Leser*innen ein Kopfkino-Erlebnis.
Regel #4: Deine Geschichte hat einen roten Faden
Es war einmal eine Trainerin, die sehr viel wusste. Aber eines wusste sie nicht: Wie sie den Menschen ihre Expertise beweisen konnte. Eines Tages traf sie eine Schreibmentorin, die ihr beibrachte, in ihrer Schreibstimme zu schreiben. Fortan veröffentlichte sie mit Leichtigkeit und Freude. Und ihre Zielgruppe nahm sie als renommierte Expertin wahr.
Die meisten Geschichten haben denselben Aufbau, der, im besten Fall, einen mitreißenden Spannungsbogen abbildet.
Kleiner Fun-Fact aus meiner Uni-Abschlussprüfung: Alle Märchen kann man in allgemeingültige Bestandteile zerlegen. Es hat was Mathematisches.
Aber bleiben wir bei den Basics. Solange Du diese Elemente in der Geschichte unterbringst, hast Du eine sogenannte Heldenreise erzählt:
- Ausgangssituation der Hauptfigur: Trainerin, die fachlich top ist.
- Problem: Nur wenige Menschen sehen, dass sie fachlich top ist.
- Lösung: Sie lernt, mit Persönlichkeit zu schreiben und veröffentlicht ihre Texte.
- Happy Ending: Ihre Zielgruppe genießt es, ihre Texte zu lesen, und erkennt sie als Expertin an.
Tipp: Überleg Dir, welche Entwicklung Deine Hauptperson durchmacht.
Methode Storytelling: Informierst Du noch oder erzählst Du schon?
Wir alle erzählen Geschichten, immerzu, jederzeit. Um die Welt zu verstehen, um einander zu unterhalten, um zu lehren, um zu verkaufen. Dafür brauchen wir keinen Fachbegriff. Wir tun es einfach.
Wenn wir Geschichten hören, behalten wir Informationen besser.
Informationen sind der Tee, den Du niemals trocken essen würdest. Du kochst ihn in Wasser – den Geschichten – auf. Erst dann können wir das Getränk der Erkenntnis genießen.
Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Artikel einen inspirierenden Tee servieren.
Nutzt Du die Methode Storytelling ganz selbstverständlich? Oder brauchst Du mehr Wissen, um sie einzusetzen? Verrate es uns in den Kommentaren!
Liebe Anke,
vielen Dank für diesen inspirierenden Artikel zum Thema Storytelling. Ich bin fasziniert! 🙂
Liebe Grüße
Claudia
Sehr gern, liebe Claudia. Viel Freude beim Erzählen wünsche ich Dir 🙂
Liebe Grüße
Anke
Hallo liebe Anke,
vielen herzlichen Dank für diesen sehr inspirierenden und motivierenden Artikel!
Für mich war es heute Morgen genau der kleine Schubser, den ich benötigte, um meinen nächsten Blogbeitrag im Storytelling-Stil zu verfassen und ich hab mich gleich hingesetzt und losgelegt – danke!
Viele liebe Grüße aus Frankreich
Karin
Yessss! Liebe Karin, das freut mich total. Mach unbedingt weiter, Deine Texte sind so super.
Liebe Grüße
Anke
Liebe Anke!
Ich unterrichte in einer Obst- und Weinbauschule und möchte im Marketingunterricht sehr gerne mit meinen SchülerInnen Geschichten erzählen üben.
Dein Artikel hat mich sehr inspiriert und mich auch zum Lachen gebracht. Du findest einfach tolle Bilder, die wirklich im Kopf bleiben.
Wie ist das mit dem Kurs? Weshalb ist er kostenlos? Obwohl meine Verpflichtungen mich manchmal fast überschwemmen, hätte ich große Lust, von Ihnen zu lernen.
Liebe Grüße aus der Südsteiermark, Veronika
Liebe Veronika,
wie schön, es freut mich sehr, dass Du so viel Inspiration und Wissen aus dem Artikel gezogen hast. Dafür ist er da 🙂 Genauso wie der Schreibkurs. Er besteht aus fünf knappen Lektionen, die in jeden Zeitplan passen. Hier findest Du weitere Details: https://indeinenworten.de/schreibkurs/ Du kannst Dich jederzeit abmelden, wenn Du keine E-Mails mehr von mir erhalten möchtest.
Meine Erfahrung teile ich sehr gerne, und durch den Kurs lernst Du mich und meine Dienstleistung besser kennen. Und wenn Du mal eine Schreibmentorin brauchst, falle ich Dir vielleicht zuerst ein. Deshalb „kostet“ Dich der Kurs „nur“ Deine E-Mail-Adresse.
Liebe Grüße
Anke
Liebe Anke, was für ein toller Artikel. Ich hatte so ein Spaß ihn zu lesen.
Herzliche Grüße
Birte
Das freut mich sehr, liebe Birte! Danke für Deinen netten Kommentar 🙂
Liebe Grüße
Anke
Oh Anke, was liebe ich die Geschichte über das ‚Storytelling®‘. Ich habe so gelacht!
Ich werde jetzt immer an den dubiosen Mann mit amerikanischem Akzent denken, wenn ich das Wort höre. Und ich höre es so oft – in all den Programmen, die Berühmtheit und Millionen über Nacht durch Storytelling versprechen :).
Herrlich.
Danke! (Und für all die anderen guten Tipps natürlich auch)
Haha, wie toll, liebe Viola! Vielen Dank, dass Du das Lachen nicht für Dich behältst, sondern hier mit uns teilst 🙂
Liebe Anke,
Dein Artikel ist zwar schon älter, habe ihn aber gerade erst über Pinterest gefunden.
Kurz: Ich finde ihn toll!
Motivierend, erklärend, Augen öffnend.
Vielen Dank hierfür!
Lieben Gruß
Peter
Vielen Dank, lieber Peter! Freue mich sehr, dass er Dir hilft. Ist ja ein zeitloses Thema 🙂
Liebe Grüße
Anke
Achtundachzig Jahre bin ich alt, seit einigen Jahren alleinstehend, meine Frau ist an einer unheilbaren Krebsart verstorben, sie war die große Liebe meines Lebens. Diess Ereignis hat mich mit ungeheuerer Wucht getroffen und mich zu Boden geworfen und nun versuche ich mit verschiedenen Hobbys meinem Dasein noch einen Sinn und mir ein gutes Gefühl zu verschaffen und das durch Malen, Krippenbau, Historische Gebäude als Modelle zu rekonstruktieren, Jugendliche in Gruppenstunden für das Malen zu begeistern und vieles Mehr in dieser Richtung.. Unter anderem habe ich schon einige Bücher und Broschüren geschrieben und auch selbst gebunden, das habe ich mir im Selbststudium beigebracht. Nun bin ich auf Ihre Veröffentlichung gestossen und fand diese sehr Interresant, auch im Alter kann man noch dazu lernen, denke ich.
Lieber Paul,
Ihre Geschichte rührt mich sehr. Ich hoffe, dass Sie Erfüllung finden in den neuen Tätigkeiten und Sie auch durch diesen Blog den ein oder anderen schönen Moment erleben. Das Lernen hört nie auf 🙂
Ganz herzliche Grüße und alles Gute
Anke
Hallo Anke,
im Ernst, deine Art des Mutmachens wirkt. Habe mal wieder eine Kurzgeschichte geschrieben. Obwohl der Fluss da war, bleibt immer etwas Unsicherheit. Deine zu beachtenden Punkte fand ich zum großen Teil bei meinem Text wieder, was mich beruhigte. Es geht jedoch immer besser. Du könntest zwar meine Enkelin sein aber Deine Sprache ist mir alles andere als fremd. Ich freue mich, auf Dich gestoßen zu sein.
Gruß,
Siegfried
Wie schön, dass Du da bist, lieber Siegfried! Wir können immer besser werden, aber der Spaß darf nicht fehlen (und die Ernst auch nicht 😀 )
Viele liebe Grrüße
Anke
Danke für den super Tee Anke 😉
Haha, gerne, Matt 😀
Hallo Anke,
ein sehr schöner Text mit schönen kleinen Geschichten und guten Anregungen.
Wenn ich so darüber nachdenke verwende ich das Storytelling eher weniger. Da ich wirklich das Gefühl habe zu wenig darüber zu wissen. Aber dein Text hat mit Mut gemacht es vielleicht doch mal zu versuchen.
Nun muss ich mir überlegen wie ich es in meine Texte einbauen.
Viele Grüße
Björn
Lieber Björn,
dankeschön!
Du kannst ja ganz simpel anfangen – wie unter Regel #4. Erstmal stichwortartig auflisten und dann ausschmücken 🙂
Liebe Grüße und viel Spaß beim Erzählen
Anke