So ticken Verlage: Wie Du Dein eigenes Sachbuch veröffentlichst
Sachbuchagentin Heike Wilhelmi im Interview
Klar, der eigene Name auf dem Cover streichelt das Ego.
Ein Buch bei einem Verlag zu veröffentlichen, hat jedoch wichtigere Vorteile: Es beschleunigt die Karriere. Es untermauert die Expertise, erhöht den Bekanntheitsgrad und legitimiert die ein oder andere Preiserhöhung.
Und wie packen wir das an?
- Indem wir den gesamten Prozess als Marathon begreifen. Wir „erlaufen“ uns ein Manuskript – mit einer Schreibroutine (kennst Du schon den Writer’s High“?).
- Wir sprinten nicht einfach los. Wir legen uns ein Ziel fest und überlegen, wie wir am besten dorthin gelangen.
Kurz: Im ersten Schritt schreiben wir ein Exposé für unser Sachbuch, Fachbuch oder unseren Ratgeber.
Im Idealfall interessiert sich ein Verlag so sehr für unsere Idee, dass er uns unter Vertrag nimmt.
Wie das geht, verrät die Sachbuchagentin Heike Wilhelmi der Hamburger medienagentur wilhelmi im Interview.
Was machen Sachbuchagent*innen eigentlich genau?
Liebe Frau Wilhelmi, herzlich willkommen und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.
Sie arbeiten seit über 20 Jahren als Sachbuchagentin. Wie sieht Ihre Arbeit genau aus und was fasziniert Sie besonders daran?
Meine Arbeit begeistert mich nach wie vor sehr, weil sie so vielfältig ist: Als Sachbuchagentin komme ich mit den unterschiedlichsten Menschen mit ganz verschiedenen Kompetenzen und Hintergründen in Kontakt. Jedes Projekt eröffnet mir neue Welten, zu denen ich sonst keinen Zugang hätte.
Ich helfe dabei, Themen marktgerecht zuzuspitzen und in Form zu bringen, feile mit an Exposé und Probetexten. Ich biete das Material Verlagen an, koordiniere die Angebote, führe die Verhandlungen, sorge für gute Konditionen und bestmögliche Verträge. Zu guter Letzt kümmere ich mich um die Abrechnungen und Zahlungen. Durchgehend ansprechbar bin ich für meine Autor*innen bei allen Fragen, Unsicherheiten und in Konfliktfällen mit dem Verlag.
Als Business-Coach biete ich darüber hinaus Karriere-Beratung und -Begleitung – für die, die das Bücherschreiben längerfristig betreiben und ihr Profil schärfen wollen. Und das kommt ziemlich oft vor: Manche Autor*innen begleite ich nicht nur viele Jahre, sondern sogar Jahrzehnte – seit meiner Zeit als Rowohlt-Lektorin.
Die Anzahl an unverlangt eingesandten Manuskripten bei kleinen, mittleren und großen Verlagen steigt. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass immer mehr Menschen ein Buch – oder, konkreter: ein Sachbuch – veröffentlichen wollen?
Ich glaube, in dieser schnelllebigen Zeit sehnen sich die Menschen nach etwas, das bleibt.
Bücher bleiben.
So findest Du einen Verlag für Dein Sachbuch
Stellen wir uns vor, Trainerin Marion möchte als Expertin wahrgenommen werden und ein eigenes Sachbuch veröffentlichen. Sie hat sich bereits gegen Self-Publishing entschieden. Welche Wege würden Sie ihr aufzeigen, um von einem Verlag als Autor*in unter Vertrag genommen zu werden?
Die Anforderungen von Literaturagenturen sind grundsätzlich nicht anders als die von kommerziellen Publikumsverlagen:
Trainerin Marion sollte nicht nur Fachfrau sein, sondern auch medienpräsent und Multiplikatorin in eigener Sache. Vor allem aber sollte sie ein zündendes Thema haben, das sich von der Konkurrenz abhebt und Neues bietet. Und gerne unterhaltsam und gut geschrieben.
Das alles muss erkennbar sein, bevor eine Agentur sie unter Vertrag nimmt.
An dieser Stelle eine Anmerkung zum Thema Fachbücher, die sich von populären Sachbüchern und Ratgebern unterscheiden: Wegen der geringen Vorschüsse und kleinen Auflagen sind Agenturen in diesem Feld nicht unterwegs. Hier ist es üblich, dass Autor*innen direkt mit den Fachverlagen in Kontakt treten.
Ist es sinnvoll, dass Marion ihr Exposé an mehrere Agenturen und Verlage gleichzeitig sendet? Sollte sie sich nach einer Absage direkt weitere Agenturen und Verlage kontaktieren?
Auf KEINEN Fall sollte Marion ihr Material an Verlage und Agenturen gleichzeitig schicken. Sie muss sich entschieden:
- Wenn sie eine Literaturagentur für sich gewinnen möchte, sind Verlage erst mal tabu. Falls keine Agentur „anbeißt“, kann sie später immer noch Verlage direkt kontaktieren.
- Im umgekehrten Fall – wenn sie also zuerst Verlage kontaktiert, wird sich später keine Agentur mehr engagieren.
Je nachdem für welchen Weg sie sich entscheidet, kann sie mehrere Agenturen – oder mehrere Verlage – gleichzeitig anschreiben.
Sinnvoller ist es, Agenturen – oder Verlage – gezielt anzuschreiben und individuell zu begründen, warum die Agentur – oder der Verlag – zum eigenen Projekt besonders gut passt. Wenn nach vier bis acht Wochen keine Reaktion kommt oder eine Absage, kann sie sich weiter bewerben.
Ganz grundsätzlich empfiehlt es sich, den Weg über eine Literaturagentur zu nehmen. Sie haben für die Verlage eine „Gatekeeper“-Funktion, sortieren vor und garantieren eine professionelle Zusammenarbeit.
Natürlich durfte auch meine Community ihre Fragen einreichen. Zwei davon waren sehr speziell:
Ich habe eine Buchidee, bei der auch Illustrationen wesentliche Rolle spielen. Zu welchem Zeitpunkt sollte ich eine Illustratorin suchen? Oder macht das jemand anderes?
Wenn Illustrationen für Ihre Buchidee wesentlich sind, sollten sie als Teil eines Gesamtkonzepts mit angeboten werden. Suchen Sie so früh wie möglich eine Illustratorin und binden Sie sie in das Projekt ein.
Ich habe einen Wunschverlag und weiß auch schon, in welche Reihe mein Buch perfekt passen würde. Sollte ich meinen Schreibstil daran anpassen?
Wenn Sie den Wunschverlag für Ihr Buch kennen, fragen Sie direkt dort nach, ob Bedarf an Ihrem Thema und an Ihrer Expertise besteht.
Wenn ja, entschieden Sie gemeinsam mit dem Verlag, wie Sie stilistisch vorgehen.
Vertrauen first: Finde die passende Agentur für Dich
Marion möchte bei einem großen Verlag unterkommen und hat sich deshalb für den Weg über eine Agentur entschieden. Nach welchen Kriterien sollte sie Ausschau halten, um eine passende Agentur zu finden? Woher weiß sie, ob es sich um eine gute Agentur handelt und ob sie ein gutes Angebot erhält?
Mittlerweile haben alle einschlägigen Literaturagenturen Websites, die in der Regel eine gute Orientierung bieten.
Ganz wichtig finde ich, dass Agent*innen Verlage von innen kennen, dort angestellt gearbeitet haben und wissen, wie diese ticken. Dann geht es um Fragen wie:
- Welche Titel und Autor*innen vertritt die Agentur? Passe ich in dieses Umfeld?
- Mit welchen Verlagen arbeitet die Agentur zusammen? Sind das Häuser, wo ich gerne publizieren möchte?
- Ist mir der Web-Auftritt der Agentur sympathisch (Vertrauen spielt für die Zusammenarbeit eine wichtige Rolle)?
- Auf Empfehlungen zu hören ist natürlich auch eine gute Idee: Kenne ich Menschen in meinem Umfeld, die Bücher geschrieben haben? Welche Erfahrungen haben die mit welchen Agenturen gemacht?
Seriöse Agenturen arbeiten ausschließlich auf der Basis einer Erfolgsprovision – in der Regel 15 Prozent vom Honorar der Autor*in. Das garantiert, dass sie – im eigenen Interesse – optimale Konditionen bei den Verlagen herausholen. Gleichzeitig verdienen Agent*innen ohne Vertragsabschluss kein Geld. Darum müssen sie sehr wählerisch sein bei der Auswahl von Projekten.
Autor*innen werden in der Regel nicht reich – es sei denn, viele ihre Bücher verkaufen sich. Ab wann spricht man eigentlich von einem „Bestseller“? Haben Sie schon einmal einen vermittelt?
Als Bestseller gilt, wenn ein Buch auf einer der einschlägigen Listen (vor allem der vom SPIEGEL) gelandet ist.
Die konkreten Verkaufszahlen dahinter können extrem unterschiedlich ausfallen – je nachdem, wie viele Bücher insgesamt gerade verkauft werden.
Unter meinen Projekten gab und gibt es immer wieder Bestseller – das muss bei einer erfolgreichen Agentur so sein.
Der erste Schritt zum Manuskript: Schreibe ein Exposé
Was enthält ein Exposé, das Sie interessieren würde? Wie ist es aufgebaut? Gibt es Möglichkeiten, den Status als Expert*in geschickt herauszustellen?
Es gibt einige „Bausteine“, die ein Sachbuch-Exposé unbedingt enthalten sollte:
- Titel und Untertitel,
- „werblicher“ Anreißertext, der kurz skizziert, worum es geht,
- „technische“ Angaben zu Umfang, Zeitplan und evtl. Ausstattung (Illustrationen, Graphiken, Fotos?),
- ganz wichtig: eine detaillierte Gliederung, die dem späteren Inhaltsverzeichnis möglichst nahekommt,
- Vita der Autor*in mit Infos zu medialer / öffentlicher Präsenz, Vermarktungsmöglichkeiten,
- Konkurrenzumfeld: Welche anderen Bücher gibt es zum Thema?
Außerdem: Ein Probekapitel bzw. eine längere zusammenhängende Textprobe von mindestens 20 bis 30 Seiten.
Ein Sachbuch sollte idealerweise erst geschrieben werden, wenn der Buchvertrag unterschrieben ist. Würden Sie Autor*innen trotzdem empfehlen, schonmal mit dem Schreiben anzufangen?
Wenn für die Bewerbung bei Agentur oder Verlag eine Gliederung gut ausgearbeitet und ein komplettes Kapitel geschrieben ist – dann ist schon sehr viel Arbeit getan.
Sofern Sie Zeit im Überfluss und Lust darauf haben, schreiben Sie weiter. Ansonsten warten Sie auf die Reaktionen der Verlage.
Du hast schon Blogartikel und E-Books veröffentlicht? Das sagt der Verlag
Angenommen, das Buch oder Teile des Manuskriptes sind bereits erscheinen, beispielsweise als Blogartikel oder E-Book. Sind Verlage trotzdem interessiert? Und darf man weiter andere Texte veröffentlichen, obwohl man bei einem Verlag unter Vertrag steht?
Blogs mit großer Reichweite können für Verlage sehr interessant sein. Es gibt gerade in jüngster Zeit viele erfolgreiche Bücher, die aus Blogs entstanden sind.
Bereits veröffentlichte E-Books hingegen sind für eine zusätzliche Printverwertung für Verlage selten interessant.
Was andere Texte angeht: Sie bleiben immer Urheber*in aller Ihrer Texte. Ein Verlag kauft nur die Nutzungsrechte an dem von Ihnen publizierten Werk. Alles andere aus Ihrer Feder dürfen Sie veröffentlichen wo und wie Sie wollen.
Sobald Sie das ein Exposé angenommen haben, heißt es noch fester Daumen drücken. Wie lange wird es im Schnitt dauern, bis Sie ein*e Autor*in an einen Verlag vermittelt haben?
Wenn es mit einer Vermittlung klappt, dann meist innerhalb eines halben, maximal eines Jahres.
Beim Verlag veröffentlichen: Die 3 wichtigsten Tipps
Zum Abschluss: Haben Sie zwei, drei Tipps speziell für Berater*innen, Trainer*innen und Coaches, die ihr Buch bei einem Verlag veröffentlichen möchten?
Stellen Sie sich selbstkritisch folgende Fragen:
- Wofür stehe ich – als Person und als Expert*in?
- Wie unterscheidet sich mein Projekt von vergleichbaren Büchern? Was ist neu, anders, besonders?
- Was kann ich für die Vermarktung tun? Wo und wie bin ich medial und öffentlich präsent?
Vielen Dank für das Interview, liebe Frau Wilhelmi.
Heike Wilhelmi ist seit 1999 Literaturagentin mit dem Schwerpunkt Sachbuch. Außerdem arbeitet sie als Beraterin und Business Coach. Nach Verlagslehre und Studium war sie zwölf Jahre als Lektorin und Programmleiterin in Publikumsverlagen angestellt, davon zehn Jahre bei Rowohlt. Seit 30 Jahren engagiert sie sich bei den BücherFrauen e.V.
Kontakt:
medienagentur wilhelmi
Grindelallee 43
20146 Hamburg
Fon: 040. 410 25 60; Mobil 0179. 39 29 920
mail@agenturwilhelmi.de
Hast Du schon darüber nachgedacht, ein Sachbuch bei einem Verlag zu veröffentlichen? Verrate es uns in den Kommentaren!
*Dieser Text enthält werbende Inhalte zu meiner Dienstleistung und/oder zu Dienstleistungen/Produkten, von denen ich überzeugt bin. Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Verweise sind Werbe-Links. Ich erhalte eine Provision, wenn du darauf klickst und darüber einkaufst. Für dich verändert sich der Preis nicht. Mehr erfährst Du in meiner Datenschutzerklärung.
Liebe Anke, das war sehr aufschlussreich. Danke für den Tipp. Gruß Astrid
Das freut mich, liebe Astrid. Viel Erfolg mit Deinem Buch!
Liebe Grüße
Anke